Seit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 und der militärischen Reaktion Israels gibt es u.a. hier in Berlin immer wieder Proteste gegen das harte Vorgehen der Armee in Gaza. Tatsächlich gibt es dort täglich viel zu viele Opfer, die nicht für den Terror der Hamas verantwortlich gemacht werden können.
Doch diese Proteste sind oft unglaubwürdig, wenn sie einerseits die israelische Armee kritisieren, gleichzeitig aber die Ursachen für ihr Vorgehen nicht benennen. Vor allem aber haben sie oftmals einen antisemitischen Hintergrund. Auch in Israel gehen viele Menschen auf die Straße und protestieren zurecht gegen ihre rechte/rechtsradikale Regierung. Die Auseinandersetzungen bei uns hier richten sich jedoch oft allenfalls vordergründig gegen die israelische Regierung und Armee, stattdessen stellen sie die Existenz des Staates Israel infrage.
Diese Argumentation hat nichts mehr zu tun mit einer berechtigten Kritik am überzogenen Vorgehen in Gaza, das zehntausende Todesopfer und hunderttausende Flüchtlinge hervorgebracht hat.
Auch in Moabit gibt es vermehrt Angriffe, die klar antisemitisch geprägt sind. Man mag das Herunterreißen der Flaggen Israels vor dem Rathaus Tiergarten noch als Protest gegen dortige Politik werten. Doch die Zerstörung unserer Ausstellung über Widerstand und Verfolgung jüdischer Beschäftigter im ehemaligen Krankenhaus Moabit im November und die Schmierereien am Mahnmal in der Levetzowstraße richten sich klar gegen das Judentum und nicht nur gegen die Politik der Israelischen Regierung. Menschen, die ihre jüdische Identität offen zeigen, sind heute in unserer Stadt so stark gefährdet, wie schon lange nicht mehr. Dieser Zustand ist unerträglich und nicht akzeptabel.
Wir haben Freunde in Israel, die sich dort für ein friedliches Zusammenleben zwischen jüdischen, muslimischen, christlichen und anderen Menschen einsetzen. Die eine Zwei-Staaten-Lösung wollen, für die Palästinenser nicht gleichbedeutend sind mit Terroristen wie die der Hamas. Auch sie leiden unter der jetzigen Regierung Israels. Manche von ihnen waren in den vergangenen Jahren immer wieder in Moabit, um ihrer ermordeten Vorfahren zu gedenken, die in unserem Stadtteil gelebt haben und die von hier deportiert wurden. Wenn sie heute auf unser Land schauen, dürfte ihnen erneut das Grauen kommen.
In den vergangenen Monaten gab es vermehrt antisemitische und antiisraelische Aktionen: Der Brandanschlag auf die Synagoge Brunnenstraße in Mitte, der Überfall auf einen jüdischen Studenten am Rosenthaler Platz, mehrere Besetzungen und Störaktionen an Berliner Universitäten oder die Straßenkrawalle.
Uns sind allein in Moabit fünf Angriffe bekannt:
- Im Herbst wurden zweimal israelische Flaggen vor dem Rathaus Tiergarten am Mathilde-Jacob-Platz heruntergerissen.
- In der Nacht zum 19. November gab es einen Brandanschlag auf die Ausstellung zum Krankenhaus Moabit am selben Ort.
- Am 3. Mai wurde in der Beusselstraße ein Mann zu Boden geschlagen, weil er eine israelische Flagge dabei hatte. Der Täter rief antiisraelische Parolen.
- In der Nacht zum 9. Mai wurde ein Brandanschlag auf das Rathaus Tiergarten verübt, gesprühte Parolen stellen ebenfalls einen Bezug zum Krieg in Gaza her. Gleiche Parolen wurden auch in der Berlichingenstraße auf den Gehweg gesprüht.
- Am 13. Mai tauchten am Deportationsmahnmal in der Levetzowstraße ebenfalls Anti-Israel-Parolen auf, die direkt an den stilisierten Güterwaggon geschmiert wurden.
Es darf nicht länger sein, dass das Vorgehen der israelischen Armee in Gaza zum Anlass genommen wird, antisemitische Parolen zu verbreiten und jüdische Menschen und Einrichtungen zu bedrohen oder anzugreifen. Da ist unsere Solidarität gefragt, auch hier in Moabit, von wo aus die meisten Berliner Jüdinnen und Juden deportiert wurden!